Montag, 3. Dezember 2012

Rezension "Großstadtsommer" von Jan Siefen

Jan Siefen "Großstadtsommer"

€ 9,95    127 Seiten

Blauband Verlag GmbH 2011

als Kindle eBook € 7,62

http://www.amazon.de/Gro%C3%9Fstadtsommer-ebook/dp/B008TSCZ9E/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1354581271&sr=8-1

Es handelt sich hier um ein typisches Werk eines Neulings, eines Indie-Autoren. In faszinierender Frische wird Ungewöhnlichkeit zelebriert - es ist schwer zu entscheiden, ob es sich um Naivität oder Raffinesse handelt. Die Sprache ist einfach, aber nicht simpel. Am Wortschatz und der Schilderung des Handlungsablaufes gibt es wenig auzusetzen - gelegentlich ist die Ausdrucksweise etwas ungelenk.  Das gesamte Buch ist im Präsenz geschrieben, was kein Verbrechen, aber zumindest gewöhnungsbedürftig ist. Minutiös wird völlig Belangloses beschrieben, man fragt sich viele Seiten lang: "Worauf will der Schreiber hinaus? Wann kommt nun endlich die Pointe?" - aber es erfolgt keine Lösung. Beschrieben werden völlig banale Gedanken und Handlungen eines nicht ganz gewöhnlichen Menschen, den wir lediglich als P. kennenlernen. Der Ort der Handlung ist mit hohem Wiedererkennungswert beschrieben, aber der Name der Stadt wird nicht genannt. Und so setzen sich die seltsamen Widersprüche immer fort. Die Bezeichnung Roman ist hier fehl am Platze, denn dazu bedarf es eines schlüssigen Plots, eines  abgerundeten Szenariums. Trotzdem ist das Buch durchaus lesenswert. Es besticht auch durch sparsam eingesetzten subtilen Humor.
P. ist ein Tolpatsch und Unglücksrabe, aber auch ein Grübler, der es weder sich noch anderen leicht macht. Manchmal  hat er groteske Züge. Zeitweise konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren, ein Autist versucht durch Situationstrainig in diesem Leben zu bestehen.  Andererseits kann P. mittels gesprochenen Wortes Menschen manipulieren - als Streitschlichter wie als unterhaltsamer Partygast.
P. fliegt zu einem Bewerbungsgespräch. Auf den Eignungstest bereitet er sich vor, indem er jene Antworten auswendig lernt, die seiner Meinung nach den besten Eindruck machen. Er hat mehrere Anzüge mitgenommen, um kurzfristig zu entscheiden, welcher davon ihm Glück bringen wird. Kurz und gut, P. ist eine merkwürdige Persönlichkeit. Die neue Firma hat seine Bewerbungsunterlagen verwechselt oder verbummelt - oder hat P. selbst die Sache verschusselt?  Es gelingt ihm nicht, Irrtümer auszuräumen - er macht einen denkbar schlechten Eindruck. Schließlich zieht er die Bewerbung zurück, woraufhin man ihm doch wieder Hoffnung macht. Es grenzt an ein Katz-und-Maus-Spiel der Firma mit dem Bewerber.
Im Hotel verschwindet P.s Gepäck, der Leihwagen ist Schrott - P. scheint tatsächlich das Unglück anzuziehen. Doch schließlich entwickelt sich die Handlung sogar noch zur Liebesgeschichte mit Aussicht auf ein Happy End.
Der Titel ist etwas irreführend, denn die Handlung spielt sich an nur drei "Großstadtsommer"-Tagen ab.
Eine Wertung fällt diesmal wirklich schwer. Aber ich denke, der potentielle Leser weiß nun, worauf er sich gegebenenfalls einläßt.

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