Freitag, 11. Mai 2012

Claudia Martini "Frau in Stöckeln"


Claudia Martini Frau in Stöckeln
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Dieser Roman ist kein „richtiger“ Roman, und es fällt schwer, ihn in ein Genre einzuordnen. Das frische, unkonventionelle Werk ist so etwas wie eine Adaption zwischen der Geschichte einer Liebesbeziehung und Reiseberichten – vordergründig jedoch die Selbstdarstellung einer temperamentvollen, anscheinend unzulänglichen Frau. Tatsächlich vollbringt diese jedoch enorme sportliche sowie intellektuelle Leistungen und hat keinen Grund, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen.
Die Ich-Erzählerin verfügt über die seltene Gabe der Selbstironie. Leider werden das nicht alle Leser erkennen, und sie für eine dumme Tussi halten; das ist sie mitnichten. Sie schildert den Spagat zwischen ihrem eigenen Leben, das im wesentlichen aus Karriere, Luxus-Accessoires, seichten Freizeitaktivitäten und einem Alkoholproblem besteht, und dem ihres Lebensgefährten, dem Äußerlichkeiten nichts bedeuten, und der statt dessen süchtig ist nach immer durchgeknallteren Trekking-Herausforderungen, um derentwillen er die Welt bereist. Martinis Werk lebt von satirischer Überspitzung, die allerdings öfter in plumpe numerische Übertreibung ausartet.

Stellenweise schimmert eine leichte Deutschschwäche durch. Dazu kommen Fehler, die durch nochmaliges Überlesen zu vermeiden gewesen wären. Der Einstieg wiederholt einen Makel, der mir leider immer wieder auffällt: eigentlich recht gute Bücher beginnen schwach oder langweilig. Die Autoren müssen sich klarmachen, dass der Leser ein Buch weglegt, wenn ihm der Anfang nicht gefällt. Ich zumindest würde es tun, läse ich nicht zum Zwecke der Rezension. Und nur, weil ich tapfer durchhalte, entdecke ich in so mancher hässlichen Auster eine schimmernde Perle. Ein perfektes Buch ist "Frau in Stöckeln“ nicht, aber ein unterhaltsames und durchaus lesenswertes. Die Autorin hat es verstanden, einen eigentlich banalen Stoff amüsant und interessant zu gestalten.
Größtenteils besticht das Buch durch prägnante, lebendige Schilderungen, aber es gelingt der Autorin leider nicht, diesen Stil einheitlich durchzuziehen. Ausflüge in die Fäkalsprache sind mal der entsprechenden Szene geschuldet, und durchaus tolerierbar, manchmal aber einfach stillos. Die Frau in Stöckelschuhen mag ein Luxusweibchen sein; eine Lady ist sie nicht. Nun, das behauptet sie aber auch gar nicht zu sein. Und für die im Buch geschilderten Tortur-Urlaube wäre das auch nicht hilfreich.
Ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, ob es sich um Fiktion oder persönliche Erlebnisse handelt. Eigentlich ist das irrelevant und Sache des Autors, wenn nur ein gutes Buch dabei herauskommt. Einige der beim Aufenthalt in Oman beschriebenen Details erscheinen mir aber recht zweifelhaft für ein muslimisches Land, und mindern den ansonsten positiven Eindruck der Authentizität.
Ich, sonst Meister im zeitsparenden Querlesen, wollte jedenfalls bei Claudia Martinis Buch keinen Satz verpassen.

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